Zeitreise

Manche Menschen brennen sich in das Gehirn, so auch die Angehörige einer Bewohnerin.
Diese Angehörige machte immer einen Aufstand, schimpfte über das Heim und das Pflegepersonal.
Als die Bewohnerin der Angehörigen dann starb sagte sie : „In diesen Mistladen kriegen mich keine 10 Pferde mehr rein!“

Ungefähr 13 Jahre ist das nun her, ich war damals im 1.Lehrjahr.

Und wen sehe ich heute im Rollstuhl fahrend unten in der Halle? Genau diese Person. Ich spreche sie an:

„Moin!“

„Hallo, na, wie sieht es aus?“

„Ganz gut, selbst auch?“ frage ich.

„Ja, bin hier sehr zufrieden, alles nette Menschen hier und das Haus ist sehr schön.“

„Naja, da hat sich wohl einiges geändert hier.“

„Wie meinen Sie das?“ fragt sie.

„Sie kennen doch noch Frau S., lebte auch mal hier im Haus, sie war Ihre Tante.“

„Ach ja, na sicher. Ähm, kannten Sie meine Tante?“

„Ja.“

„Oh, dann waren Sie zu der Zeit hier im Haus am arbeiten?“

„Aber sicher. Wo sind denn Ihre Pferde?“

„Pferde?“ antwortet sie erstaunt.

„Na, Ihre letzten Worte, als sie das Zimmer Ihrer Tante verlassen hatten waren ´In diesen Mistladen kriegen mich keine 10 Pferde mehr rein´. Also müssen irgendwo draußen Pferde stehen.“

„Jaha früher,junger Mann. Auch ich bin älter geworden in den Jahren.“

„Oh, ich auch, jeden Tag. Wünsche dann noch einen schönen Aufenthalt hier in dem schönen Haus. Man sieht sich nun ja öfters.“

„Ja,bis dann.“

Klein ist die Welt.

6 Antworten zu “Zeitreise

  1. Wie geht der alte, aber bisweilen sehr zutreffende Spruch: Man begegnet sich im Leben stets zweimal? 😉

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  2. Ja, man sollte immer erst einmal selbst in eine derartige Lebenslage kommen und nicht nur das Negative überall suchen. Meist sind die Ansichten von dieser Warte her gesehen ganz anders. Wünsche der Dame eine schöne Zeit in dem Haus.

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  3. Tja, wenn man dazu gezwungen wird, dann muss man sich mit den dementsprechenden Umständen arrangieren;
    freiwillig würde sich wohl keiner in euer Etablissement verfrachten lassen.
    Über die Qualität der Einrichtung an sich kann ich nicht urteilen;
    über die selbstgefällige, arrogante Art einiger – *räusper* – eines Pflegers dagegen sehr wohl.

    Ich wünsche Ihnen, dass Sie irgendwie zur Selbstkritik fähig werden, oder wenn das nicht geht wenigstens zur Selbstreflektion, denn die scheint bei Ihnen ja wohl nicht im kleinsten Maße vorhanden.

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    • Liebe Andrea, wer ist bzw. wird dazu „gezwungen“ gerade in dieses Heim zu gehen? Ich denke niemand. Alten-, Pflege- oder Seniorenheime gibt es (noch) in ausreichender Zahl, so dass es noch nicht zu Zwangseinweisungen kommt.

      Ach, über die selbstgefällige und arrogante Art „eines Pflegers“ können Sie urteilen? Woher nehmen Sie das Wissen? Aus diesem Blog? Ich kann dem nur entnehmen, dass hier ein Pfleger schreibt, der sich auch Gedanken über den Hintergrund und die persönlichen Empfindungen macht und nicht nach Schema F arbeitet.

      Mich würden wirklich aus diesen vielen Beiträgen nur fünf Beispiele interessieren, die Arroganz, Selbstgefälligkeit oder fehlende Selbstreflektion widerspiegeln. Die dürften doch sicher nicht schwer zu finden sein.

      Außerdem: Dies ist ein Blog, er zeigt nicht die täglichen acht Stunden Arbeit, hier werden punktuell Vorkommnisse aufgeschrieben, die nun einmal auch passieren. Im übrigen sollte man viele Beiträge so sehen, wie sie gedacht sind: Mit einem Augenzwinkern.

      Aber ein Sinn für Humor oder Ironie ist bei Ihnen ja wohl nicht in kleinstem Maße vorhanden. Und jetzt einmal kräftig in den Beißring beißen.

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  4. Die Geschichte ist natürlich gut und trifft das, was wir uns alle mal denken, wenn jemand mit Kritik daherkommt. Dass man sich im Leben öfters sieht, ist auch unbestritten.
    Mir hätte die Geschichte besser gefallen, wenn Du am Ende die Sache mit den 10 Pferden weggelassen hättest. Dass die Dame sich nicht an den Ausspruch von vor 13 Jahren erinnern konnte zeigt doch, dass er vielleicht in der Emotion gefallen ist. (ich war ja nicht dabei).

    Ich will hier nicht von menschlicher Größe sprechen, aber ich persönlich bin recht froh, dass mir dinge, die ich vor 13 Jahren gesagt habe, nicht vorgehalten werden. Demnach hätte ich „nie 30 werden dürfen“, „nie einen Tanzkurs“, „nie mit einer verheirateten Frau“ … uvm….

    Aber in der Sache sollte es dich natürlich aufbauen.
    Peter

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