Urinator

Ein Bewohner ist nach Sturz zu Hause und Krankenhausaufenthalt jetzt bei uns zur Kurzzeitpflege. Er wurde von seinen beiden Töchtern gebracht. Nachts benötigt der Bewohner Hilfestellung, im Pflegeverlegungsbogen steht:

-Schieber oder Toilettenstuhl-

Er ist zwar alt, reden kann man mit ihm aber noch ganz gut, auch wenn Kinder das nicht immer verstehen:

„Was haben Sie denn im Krankenhaus genutzt bzw was funktionierte bei Harndrang besser? Der Schieber oder doch der Toilettenstuhl?“ fragte ich ihn.

Die Tochter stürmt dazwischen:

„Er nimmt den Rollator!“

Jo, dann den.

„Um zur Toilette oder zum Toilettenstuhl zu gehen? Benutzen Sie da den Rollator?“ fragte ich ihn.

„Hallo? Er nutzt den Rollator! Den Rollator!“ krähte die Tochter dazwischen.

„Ja, jetzt weiß ich immer noch nicht ob er auf den Schieber oder auf den Toilettenstuhl geht, er wird ja nicht auf den Rollator urinieren! Lassen Sie mich das mal abklären.“ bellte ich zurück.

„Was ist hier eigentlich nu los?“ fragte der Bewohner nun.

„Gehen Sie in der Nacht aus dem Bett zum Wasser lassen oder nutzen Sie den Schieber?“ fragte ich nochmal.

Er überlegt. Und kommt auf keine Antwort. Bevor mir die Tochter jetzt wieder mit dem Rollator blöde von der Seite kommt fragte ich nochmal:

„Ist da in der Nacht eine kalte Pfanne am Popo?“

Er strahlt: „Ja, das Ding nehme ich immer.“

Die Töchter wirkten nicht sehr begeistert als ich ging, der Bewohner schon. Von daher alles in Ordnung.

Auf jeden Fall gibt es von dem Trio noch weitere Einträge, da bin ich mir sicher.

9 Antworten zu “Urinator

  1. Wie es scheint braucht man für die liebe Verwandtschaft genauso viel Geduld wie für die Bewohner. In manchen Fällen wahrscheinlich sogar mehr. :mrgreen:

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  2. Jaja, die lieben Verwandten… Schön auch die Töchter, bei denen die Pflegekräfte alle Handgriffe übernehmen sollen. Obwohl sie, wenn niemand dabei ist, die Mutter selbst in den Rollstuhl umsetzen. Und dass sicher und problemlos.
    Aber sie zahlen ja für die Pflegeleistungen, da wird man ja wohl erwarten dürfen dass ihnen alles abgenommen wird…

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  3. „Er ist zwar alt, reden kann man mit ihm aber noch ganz gut, auch wenn Kinder das nicht immer verstehen:“

    Das funktioniert aber auch öfters mal anders herum.
    Mein Vater war zwar nie in einem Alten- oder Pflegeheim, weil meine Schwester ihn bis zu seinem Tod gepflegt hat, aber da waren’s oft Ärzte oder Pflegekräfte in Krankenhäusern, die über seinen Kopf hinweg alle Fragen an uns richteten, als ob er nicht mehr zurechnungsfähig sei.
    Sowohl wir als auch er selbst haben dann immer wieder darauf hingewiesen, dass er durchaus alles verstehen würde, wenn man denn nur etwas lauter spräche, da er leider schwerhörig sei.
    Genutzt hat es meistens nichts.
    Man stellte ihm in gedämpftem Ton eine Frage, er hielt sich die Hand hinters Ohr und fragte „Wie bitte?“
    Es folgte genervtes Augenrollen. Die nächste Frage wurde dann direkt an uns gerichtet.
    Jede weitere an ihn gerichtete Kommunikation erfolgte nicht etwa lauter, dafür aber in dem Tonfall, den man für Kleinkinder benutzt, die noch nicht sprechen können und von denen man daher annimmt, sie verstehen auch noch nix.

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    • Dieses Verhalten habe ich immer bei meinem Vater erlebt als ich ihn während der Hochdosischemo und der folgenden Stammzellentherapie besuchte. Und da war er 62 Jahre JUNG. Ich habe immer gesagt sie sollen ihm das erklären, weil man krank ist wird man nicht automatisch balla balla im Hirn. Gleiche gilt für das Alter.

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  4. Das ist die Rache der Kinder die bis zur Volljährigkeit oder darüber hinaus daheim nix entscheiden durften,vermute ich einfach mal .

    Unser Zwerg mit seinen fünf Jahren versucht mir auch schon öfter mal verständlich zu machen das ich als sein Opa das ja nicht mehr so gut kann oder verstehe.Ich bin ja auch schon tatterige 51 Jahre alt 🙂

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  5. …uuund andersrum geht das genauso: Jugendliche sind zwar noch nicht volljährig, aber wenn in einem Elterngespräch mit Eltern und danebensitzendem 15jährigem zu Berufswahlwünschen ständig die Mutter / der Vater erklärt, was der Junge will, obwohl ich mich direkt an den Jungen wende – ja, dann warte ich doch mal lieber ab, was er zu sagen hat, wenn ich ALLEIN mit ihm rede. Und siehe da: plötzlich kommen da ganz andere Wünsche und Ziele, die aber von Elternseite so nicht sein dürfen…

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  6. Also Bettpfannen finde ich persönlich furchtbar. Solange man noch etwas laufen kann, ist ein Toilettenstuhl viel besser.
    Auf jeden Fall liest sich sich der Post ganz lustig. Verständlich das man in so Situationen ein dickes Fell braucht.

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