Monatsarchiv: Oktober 2014

Matratzensport

Ich musste  noch eine Bewohnerin versorgen, sie lag schon im Bett.

„Aaaaah, da biste ja. Schööön!“ säuselte sie.

Alles klar, den Blick kennt man. Da halte ich lieber drei Meter Abstand vom Bett der Dame.

„Geht es dir gut?“ fragte ich.

„Oh ja, besonders wenn Du in der Nähe bist. Ist das schön dich zu sehen.Komm…. hüpf doch auch hier in mein Bettchen!“ sagte sie.

„Joah… momentan… ich weiß nicht… eher nicht.“ flüsterte ich ihr zu.

„Haha, willste nicht oder darfste nicht?“ fragte sie.

„Eindeutig beides!“ sagte ich.

Gerade in diesem wunderbaren Moment der Romantik kam eine Kollegin in das Zimmer und fragte etwas nach, die Unterhaltung mit ihr dauerte keine 10 Sekunden. Danach war die Kollegin auch wieder verschwunden.

„Aaaaah, jetzt darfste also doch hier in mein Bettchen?“ lächelte die Bewohnerin mich an.

„Immer noch nicht, nein.“ sagte ich zerknirscht.

„Doch, die Dame, die gerade hier war hat dir das doch gerade erlaubt!“ erklärte sie mir.

„Meine Kollegin? Die verbietet mir das bestimmt.“ sagte ich.

„Ja, weil Du in das Bettchen der jungen Frau sollst. Die ist raffiniert!“ wurde ich von ihr aufgeklärt.

„Stimmt, genau das will sie!“ meinte ich.

Sie schaut mich an und denkt scharf nach, man kann es fast hören wie sie grübelt:

„Überleg es dir nochmal, ich halte den Platz für dich frei!“ kam dann ihr nett gemeinter Vorschlag.

Ich wurde dann doch nicht schwach. Gilt für beide Frauen.

Vermietung

„Ah, da biste, komm mal her und setz dich zu mir an das Bett!“ sagte eine Bewohnerin zu mir.

Ok, was kommt jetzt. Hinsetzen ist immer so eine Sache, aber gut:

„Ich habe mir das nun einmal genau überlegt… und ja… ich habe es nun für mich entschlossen…. im Sommer werde ich es vermieten und im Winter… im Winter… nun… tzja…“ meinte sie.

Gut, vermieten, aber was? Kann ja mal wieder alles sein.

„Was möchtest Du vermieten?“ fragte ich.

„Na was wohl, stellst ja dumme Fragen. Mein Bett natürlich. Im Sommer!“ erklärte sie mir.

„Gut. Dann kannst Du da im Winter schlafen. Aber wo schläfst Du dann im Sommer? Vorgarten? Zelt? Nachbar?“ fragte ich.

„VIELLEICHT KOMMST DU ERST IN DAS ZIMMER WENN ICH MIT MEINEN ÜBERLEGUNGEN FERTIG BIN!“ fauchte sie zurück.

Stimmt, da war ich wieder zu schnell. Mal sehen wer da im Sommer wohnt. Bin gespannt.

Friedhof

http://m.wn.de/Muensterland/Kreis-Steinfurt/Lengerich/1764948-LWL-Antrag-zur-Friedhofstrasse-Hoechst-unvorteilhafter-Name

Vielleicht nicht der schönste Name für die Strasse,aber:
Die Bewohner sind ja nun aber auch nicht alle von vorgestern, deswegen zieht dort bestimmt kein Bewohner weniger ein.
Was kommt nach dem Altenheim? Genau!
Das wissen die Bewohner.

Bei uns haben einige Zimmer Aussicht auf den Friedhof, Bewohner, die in diesen Zinmern wohnen, sind begeistert:

Ständig was los dort, immer neue Menschen, große Blumenauswahl, hier und da eine Beerdigung wo man Leute beobachten kann.

Noch nie wollte ein Bewohner wegen der Aussicht ein anderes Zimmer haben.

Ich würde den Namen der Straße erstmal so lassen.

Twilight

Ich versorgte während der Grundpflege eine Bewohnerin und musste sie dabei im Bett zur Seite drehen. Normalerweise ist das kein Problem, heute meckerte die Bewohnerin mich an:

„Spinnst Du jetzt? Mach das nicht nochmal!“ zeterte sie.

„Schmerzt es beim drehen?“ fragte ich.

„Beim drehen! Hör ihn dir an! Nein, Du sollst mich nicht beißen!“ sagt sie.

Ich drehte die Dame wieder auf den Rücken und schaute sie an:

„Keine Panik, ich beiße dich nicht.“ sagte ich ihr.

„Na gut, prima!“ meinte sie.

Also drehte ich sie wieder zur Seite. Klar, es gab wieder einen dicken Anschiss von der Frau:

„Schon wieder! Jetzt reicht es mir! Wehe ich kriege deinen Arm zu packen, dann gibt das eine schöne Bisswunde!“ kräht sie mich wieder an.

Ok, irgendwas muss an der Sache dran sein, zweimal hintereinander ist schon verdächtig. Und bevor sie mich a la Dawn of the Dead Manier anknabbert schaue ich noch mal nach.

Ja, die Dame wurde gebissen, sie hat nicht gelogen. Aber nicht von mir sondern von ihrer eigenen Prothese. Diese lag zwischen dem Bett und dem Oberschenkel.

Die Bewohner trauen einem alles zu, egal was.

Ich hatte da auch nicht drauf geachtet da sie die Prothese erst nach der Grundpflege einsetzt. Gestern Abend wollte sie die Prothese wohl nach der Mundpflege im Mund behalten und nicht im Prothesenbecher aufbewahren. In der Nacht ist diese dann wohl aus dem Mund gefallen. Oder sie hat die Prothese dort versteckt, genaueres weiß ich auch nicht.

Nest

Einer unserer Bewohner hatte gestern mal wieder laut eigener Aussage 10 Vögel in der Deckenleuchte, „aber ganz kleine Vögel!“.

Warum bin ich immer die Person. die sich schnell um Futter und Wasser kümmern soll?

Heute waren „alle Vögel verstorben, eine Art Schlange hat sie aus der Lampe gezogen.“

Letzte Woche waren „draußen noch Elefanten unterwegs.“

Bestimmt haben die Elefanten die Küken aus der Lampe gesaugt per Rüssel.

Morgen mal schauen was er von der Theorie halten wird.

Früchtefreund

Ich holte mir Frühstück aus der Küche und musste noch schnell zu einer anderen Station, mein Brötchen hatte ich mitgenommen. Auf dem Flur sah mich dann eine Bewohnerin von der Station:

„Oh junger Mann, wollen Sie mir mir?“ fragte sie.

„Tzja, kommt drauf an.“ sagte ich.

Zu der Dame wollte ich nicht.

„Ach, da finden wir wohl was, suchen Sie sich was aus!“ flötete sie.

„Dann möchte ich gerne gebadet werden!“ sagte ich.

„Das geht leider nicht, ich habe keine Badewanne. Aber duschen geht! Und ein Bettchen habe ich auch!“ zwinkert sie mir zu.

Jau. Die Dame redet gerne so, redet einen mit „Schätzchen“ an usw. Ernst meint sie das nicht. Aber warum sollten nur jüngere Menschen Blödsinn reden?

„Ah, ich muss erst mein Brötchen essen, bin am verhungern.“ antwortete ich.

„Ui, wie keusch er sein kann, sieh mal einer an!“ trällerte sie.

„Ja, bin doch unverheiratet!“ posaunte ich.

„Und? Ich möchte nicht wissen wie viele Pfläumchen Du in deinem Leben gesehen hast! Und mit Pfläumchen meine ich kein Obst!“ erklärte sie mir.

„Oh, ich dachte wir reden von leckeren Pflaumen aus dem Garten.“ versuchte ich mich zu winden.

„So wie ich dich kenne weißt Du genau was ich meinte.“ sagte sie.

Ich wollte das Gespräch nun echt nicht vertiefen.

„Ähm… nun… ja… ich muss los, wir haben noch nicht einmal 9:00h… ich muss was essen.“ antwortete ich.

„Dann los, Du Schlitzohr!“ sagte sie.

So, Kopfkino dann schnell wieder aus.

Ach: ´Schlitzohr´ habe ich auch seit Burt „Bandit“ Reynolds nicht mehr gehört. Und der lief schon vor Jahren im Fernsehen. (http://de.wikipedia.org/wiki/Ein_ausgekochtes_Schlitzohr)

Kalifat

Ich musste durch den Eingangsbereich, einige Bewohner von anderen Stationen unterhielten sich dort. Ich hörte nur einige Wortfetzen: „…. ist weg…. keine Ahnung.. muss ich mal schauen…“. So genau hörte ich da auch nicht hin.

Nun sprach mich eine Bewohnerin an:

„Hier, Du hast doch bestimmt meinen Schal gesehen und dann schnell eingesteckt!“ sagte sie.

„Nein, habe ich nicht.“ sagte ich.

„Ach, kauf mir mal trotzdem einen neuen, schöööönen Schal!“ meint sie.

Ich hatte wenig Zeit, das Gespräch wurde im vorbeigehen geführt da man dort unten ständig angeredet wird. Ich konnte nicht mehr antworten, drehte mich zu ihr um, zeigte mit meinem Finger an meine Stirn und setzte den Finger dann an meinem Hals an um diesen dann „durchzuschneiden“.

Als ich weiter entfernt war sagte die Dame zu einer anderen Bewohnerin:

„Der Sven ist wohl jetzt bei der IS, der will hier Köpfe rollen sehen.“

„Ne, für ein Eis ist es schon zu kalt,oder?“ hörte ich die andere Bewohnerin antworten.

Fazit:

Ich habe keinen IS Kontakt. Eis und Schal gibt es von mir nicht.

Nein, nicht mit allen Bewohnern kann man das so machen.

Strudel

Heute gab als Beilage zum Abendbrot einen Strudelpudding oder wie sich das Teil nennt, ist so eine Mischung aus Schokoladen- und Vanillepudding, Campina stellt die Dinger her.

Eine der Bewohnerinnen ist da ziemlich scharf drauf, sie liebt diesen Pudding, nach dem Abendbrot schaute sie auf ihren Strudelpudding.

„Hör mal, kann ich den Pudding mit auf mein Zimmer nehmen?“ fragt sie.

„NEIN! Ich habe das nicht so gerne!“ antworte ich. (Leider kennt die Dame mich und weiß wie „ernst“ ich das meine)

„Dann nicht. Und wenn ich nicht auf dich höre und den Pudding trotzdem mitnehme? Dann schauste aber blöde aus, wah?“ fragt sie mich und grinst dabei.

„Was dann passiert? Ich zeige es dir!“ sage ich zu ihr, gehe dabei in die angrenzende Küche, hole mir einen Löffel, reiße den Deckel von ihrem Pudding auf und mampfe das Teil in Blitzgeschwindigkeit vor ihren Augen bis zum Ende auf, so schnell konnte sie gar nicht schauen da war der Pudding weg.

Sie schaut mich mit offenem Mund an, zum Glück hat sie noch eigene Zähne, eine Prothese hätte schon lange auf dem Boden gelegen bei dem weit geöffneten Mund.

„Aber… Du bist ja… und nu?“ stottert sie.

„Nu? Nu? Nu gibts keine Zimmerpuddingparty mehr.“ sage ich und lecke den Löffel noch einmal genüsslich ab.

„Ne… wohl nicht… aber der schmeckt doch so gut.“ sagt sie.

„Oh ja, der war sehr gut. Aber da haste nochmal Glück gehabt, wir haben den ganzen Kühlschrank voll mit den Dingern, ich hole dir einen neuen Pudding. Ich wollte dich nur mal wieder sprachlos erleben, funktioniert also noch ganz gut.“ sage ich.

„Und ich glaub das auch noch!…. aber nur wenig!“ sagt sie.

Danach musste sie die ganze Zeit lachen, grinsen und wieder lachen. So freudig habe ich sie selten erlebt. Jedes Mal amüsierte sie sich als wir uns auf Station begegneten.

ICH

„Kannst Du mir noch was zu trinken geben?“ fragt mich eine Bewohnerin.

„Ja klar, ich muss nur schnell eine neue Flasche holen, ich gehe dann noch schnell beim Schwesternzimmer vorbei und bringe deine Tabletten mit. Ich bin gleich wieder da.“ sage ich.

„Ich, ich, ich, ich, ich, ich, ich, ich… verdammt nochmal, Du bist ein richtiger Ich-Mensch!“ bellt sie mich an.

„Wer ich? Ich jetzt? Meinst Du ich bin ein Ich-Mensch? Ich fasse es nicht!“ stöhne ich.

„Ach, hör auf! Immer denkst Du nur an dich.“ sagt sie.

„Ich glaube nicht, gerade ich denke nur an dich, ich denke nicht an mich! So bin ich nicht, gerade ich.“ sage ich.

Sie lächelt jetzt: „Ach, was würde ich nur ohne dich machen?“ flötet sie.

„Sooooooooooooo! Das meine ICH auch!“ antworte ich.

Rudelbildung

„Du, ich brauche gleich mal deine Hilfe, ich komme hier nicht aus dem Bett!“ sagt mir eine Bewohnerin.

„Ich bin sofort bei dir, zwei Minuten dauert das, muss eben nebenan in das Zimmer. Geht ganz schnell.“ antworte ich.

„Was nebenan ins Zimmer? Was ist da?“ fragt die Bewohnerin.

„Eine Bewohnerin lebt dort.“ sage ich.

„Wie? Noch eine? Wie viele gibt es davon?“ rätselt sie.

„Momentan mit dir 27 Bewohner.“ sage ich.

„Allmächtiger! Ich werde verrückt. Sind die alle alt?“ fragt sie.

„Ja, so knapp 80 Jahre und älter.“ antworte ich.

„Die sind ja alle doppelt so alt wie ich!“ flötet sie mir zu.

Joah, nicht so ganz mit Baujahr 1930. Trotzdem war sie ziemlich froh noch nicht so alt zu sein. Zwei Stunden später konnte sie es immer noch nicht fassen: So viele alte Menschen. Hauptsache sie war gut drauf dabei.