Monatsarchiv: Juli 2012

Meister

„Du sach ma, biste eigentlich Meister?“ fragt mich ein Bewohner.

„Ja, ich bin der Obermeister hier.“

„Oh, naja, ja, nicht schlecht.“ sagt er.

„Nein, ich habe drei Jahre gelernt und dann war ich mit der Ausbildung fertig.“

„Ach so. Ja, ich mache mir ja ab und an Gedanken wie das alles hier funktioniert.“

„Kann ich verstehen.“ antworte ich.

„So, drei Jahre gelernt. Und wo arbeitest Du dann?“ fragt er.

„Na hier, Mensch. Bin doch fast jeden Tag hier, noch nicht aufgefallen?“

„HIER? Das ist doch keine Arbeit. Du musst doch irgendwo arbeiten, einen festen Job haben.“

„Ah so. Ja. Ich bin hier nur in meiner Freizeit und arbeite nebenan in dem großen Gebäude als Meister.“

„Das hört sich schon vernünftiger an!“ meint er.

FKK

Der Bewohner Herr X. kommt mir auf dem Flur entgegen, er hat seine Hausschuhe an. Sonst nichts. Ich frage:

„Willi, wie geht es dir?“

„Ja, gut.“

„Ziemlich kühl heute, oder?“

„Ein wenig.“

„Dann ziehe dir doch mal was an, wir sind hier doch nicht am FKK Strand.“

„Ja, mein Gott mache ich. Du bist auch so ein richtiger Freund der Baumwolle!“

Tzzz…

Zellstoff

Ein Praktikant einer anderen Station geht mit drei Paketen Zellstoff über den Flur, er sieht mich:

„Hallo, was habe ich hier in der Hand?“

„Zellstoff, drei Pakete.“ antworte ich.

„Zellstoff?!?!?“

„Ja. Was fragste so komisch?“

„Zellstoff… Zellstoff… hört sich aber komisch an… warum nennt man das so?“

„Was weiß ich, ruf beim Hersteller an.“ sage ich.

„Zellstoff. Hört sich irgendwie ätzend an. So wie eine Chemikalie. Richtig ätzend.“

„Sag mal, wie heißt Du?“ frage ich.

„Joshua-Jannik.“

„Ok. Und mit so einem Namen erzählst Du mir Zellstoff höre sich ätzend an. Da ist Zellstoff aber weit vor Joshua-Jannik.Oder?“

„Hää? Hast Du was geraucht?“ fragt er.

„Na, weniger als Du, glaube ich.“

„Höhöhö.“

Maaaan ey, was für Pfeifen es gibt.

Kaffee

Frau V.,dement, sitzt im Aufenthaltsraum:

„Hilde! Willst Du einen Kaffee trinken?“ frage ich.

„Ach, na, höhö, Du ich weiß es nicht. Geht das?“

„Aber sicher, ich mach uns mal zwei Tassen fertig.“ antworte ich.

„Ach Gott, Du bist so lieb, aber ich kann es nicht, wirklich, es geht nicht. Wenn mein Mann das sieht…. nenenene… und die Mutter schimpft dann auch.“

„Na komm, die sind doch nicht da, wir beide trinken den Kaffee und dann bin ich wieder weg, ich will dich ja nicht gleich heiraten.“

„Nicht? Ach Gott, Mensch… aber warum nicht? Haste was besseres gefunden?“ fragt sie.

„Also Hilde! Jetzt bin ich aber enttäuscht. Ich muss gleich weinen. Natürlich denke ich den ganzen Tag nur an dich, wenn ich dich sehe geht mein Herz auf. Am liebsten würde ich dich sofort heiraten!“

„Och Mensch, ICH DICH DOCH AUCH. Immer. Ich habe dich immer gern gemocht.Schön. Das freut mich so,ehrlich!“

„Dann hole ich uns mal einen leckeren Kaffee.“ sage ich.

„Zu schön, gerne.“

Das ging schnell, wo ist mein Anzug? Halt, vorher muss ich den Kaffee besorgen. Ich bringe meiner zukünftigen Ehefrau also den Kaffee:

„So, der Kaffee!“

„Kaffee? Was soll ich damit?“ faucht sie mich an.

„Wolltest Du keinen Kaffee mehr trinken?“

„Mit dir? Ohohoh, warte ab, wenn ich das der Mama und dem Papa erzähle, dann ist was los. Mach dich auch was gefasst.“ sagt sie.

„Mensch, dann heiraten wir nicht mehr?“

„Ich dich heiraten? Von wegen! Geh mir bloß los. Das hast Du dir so gedacht, nein, ich mache es nicht. Oh warte, was bist Du nur für ein frecher Bengel!“

Mmmh, dann nicht. Wenn die Hilde wüsste was sie da verpasst…

Dampfbude

Ich sitze mit Frau P., Frau M. und einer Kollegin auf dem Balkon. Frau M. sitzt neben der Kollegin und raucht. Nach einigen Minuten redet Frau M., Rollstuhlfahrerin, mit der Kollegin:

„Hallo Schwester, können Sie mir einmal die Zigarette ausmachen? Ich komme nicht an den Ascher dran!“

„Ja, Frau M.!“

Die Kollegin will gerade die Kippe nehmen, da fällt ihr etwas auf:

„Frau M., wo ist denn die Glut von der Zigarette?“

„Na keine Ahnung.“

Plötzlich dampft es zwischen den Beinen der Bewohnerin.

„Oh Gott Frau M., Sie brennen ja!“ ruft meine Kollegin in Panik.

„Ja? Merk ich nicht.“ antwortet Frau M.

Nun nimmt meine Kollegin eine Flasche Wasser und gießt den fast kompletten Inhalt über den Unterkörper der Bewohnerin. Diese kreischt nun vor sich hin, das Wasser ist wohl frisch aus dem Kühlschrank geholt worden.

„Mensch, hör auf!“ ruft Frau M.

„Sie brennen!“ schreit meine Kollegin

„Ja und? Besser als das hier!“ faucht Frau M.

Ich schaue mir das ganze Elend mit der anderen Bewohnerin, Frau P., an:

„Oh man, hier geht es ja rund!“ sage ich zu ihr.

„Ja, so lebendig kenne ich die Frau M. gar nicht!“ antwortet sie.

„Aber wirklich.“

„Da wird es einmal heiß zwischen den Beinen und deine Kollegin löscht sofort die Hitze.“ meint sie.

„So kann man es auch sehen.“

Fazit: Die Hose hat nun im Schritt weniger Stoff als vorher.

Plasma

Frau G. ist am Samstag verstorben. Sie lebte 5 Jahre bei uns im Haus. Aber nicht bei uns auf der Station sondern ein Stockwerk tiefer. Die Stationen sehen alleine vom Boden und der Wandfarbe/Bildern schon komplett anders aus. Am Sonntag kommt ein Mann bei uns auf die Station, ich habe ihn noch nie gesehen:

„Hier, ich brauche mal den Schlüssel für das Zimmer von Frau G.“ sagt er.

„So. Was wollen Sie denn in dem Zimmer?“

„Junge, den Schlüssel.“

„Wer sind Sie überhaupt? Und was wollen Sie in dem Zimmer?“

„Ach komm, ich will den Fernseher abholen.“ sagt er.

Aha, daher weht der Wind. Den fetten 127cm Panasonic Plasma abstauben. Mir kann es egal sein, finde so ein Verhalten aber einfach nur Scheisse.

„Gut, vorher rufe ich aber auf der richtigen Station an.“

„Hä?“ sagt er.

„Hier kann ja jeder kommen und sich als Schwiegersohn ausgeben. Und da Sie hier komplett falsch sind, ihre Schwiegermutter hier nie auf der Station wohnte, rufe ich jetzt die Kollegen der Station an.“

„Ja, hier sieht alles gleich aus, habe mich ein wenig verlaufen.“

Naja, ich habe ihn dann zu der Station geschickt. Arschkrampe.

Nachfrage bei der Kollegin: Sie musste die Tochter von Frau G. erstmal anrufen da der Mann noch niemals im Haus war und niemand ihn kannte.