Telefonische Visite

Frau M. hat Fieber, Husten, es geht ihr einfach schlecht.
Anruf beim Hausarzt, die Arzthelferin will es dem Doktor erzählen und dann zurück rufen.
20 Minuten später ruft sie an:

„Du, ich habe gerade mit dem Doktor geredet, er meint es ist eine Bronchitis.“

„So.Und nu?“ frage ich

„Ja, Frau M. soll eine Paracetamol 500mg bekommen.Dann erstmal abwarten und regelmäßig Temperatur messen. Viel trinken soll sie auch. Und Zugluft vermeiden.“

„Jetzt mal ohne Witz. Ich würde euch nicht anrufen wenn es nicht wichtig wäre. Ich bin der letzte Mensch der bei jedem kleinen Mist den Doktor anruft wegen irgendwelchen Kleinigkeiten. Wir haben eine Liste an Bedarfsmedikation von euch, da können wir ohne Rücksprache mit dem Doc Paracetamol verabreichen bei Temperatur. So schlau bin ich gerade noch um das auf die Kette zu kriegen.“

„Aber er hat nichts anderes gesagt.“

„Lächerlich, ein ganz schlechter Scherz ist das. Eine Bronchitis per Telefon zu diagnostizieren. Sag mal ehrlich, macht er das aus Unlust oder wo ist sein Problem?“

„Ähm,tja,keine Ahnung.“

„Ich werde das nun so dokumentieren und sie dann zum Notdienst hier ins Krankenhaus nebenan bringen, so kann ich das nicht verantworten.“

Ende vom Lied: Bei Frau M. wurde im Krankenhaus eine Pneumonie festgestellt, sie wurde stationär aufgenommen.

Tochter wurde telefonisch informiert, kurze Zeit später ist sie bei uns:

„Ah Sven, Mama hat eine Lungenentzündung?“

„Ja,genau, sie liegt jetzt auf der ´1´ nebenan im Krankenhaus.“

„Ach, ich bin so froh, der Hausarzt von Mama ist super. Ich muss sagen: ich liebe ihn, wirklich, ich liebe ihn für seine tolle Arbeit. Der macht das sooo gut, boah, man kann sich das nicht vorstellen.“

„Jaha, der macht seine Arbeit super, er kann per Telefon seine Diagnosen raushauen und das ziemlich falsch sogar.“

„Ja, wirklich. Er hat Mama sofort ins Krankenhaus einweisen lassen, alle Achtung.Toll.Super.Klasse.“

„Wenn ich die Anweisungen des Hausarztes befolgt hätte wäre deine Mutter mit ziemlicher Sicherheit die nächsten Tage hier verstorben.“

„Ja, ne, super vom Doktor,wie gut er das wieder… was? Sven, was erzählst Du da?“

„Er hat telefonisch eine Bronchitis diagnostiziert. Mehr nicht, hier mal eine Paracetamol, dann passt das bald wieder. Das war es.“

„Aber sie liegt doch im Krankenhaus.“

„Ja, weil ich seine Anordnungen missachtet habe. Wir haben sie zum Notdienst ins Krankenhaus gebracht, der Doktor dort hat dann alles weitere in die Wege geleitet. Bei dem kannste dich bedanken.“

„Jaha,gut. Dann hatte er vielleicht Streß gehabt.“

„Wieso nimmst Du ihn dann noch in Schutz? Er hat großen Mist gebaut.“ sage ich.

„Mir hat er aber vor ungefähr 10 Jahren gut geholfen. Er hat mir quasi das Leben gerettet.“

„Vielleicht ruht er sich auf dem Erlebnis immer noch aus.“

„Ach.Hör auf.“

Maaaaan.

14 Antworten zu “Telefonische Visite

  1. so langsam habe ich auch bei meiner ma das gefühl das die ärze die in das heim kommen arschkrampen sind. viel urlaub und völlig unorganisiert. das da n kollege von nem anderen wohnbereich mal n rezept ausstellt, wenn der kollege nicht da ist und eines benötigt wird, soweit sind die nicht organisiert oder das team hat n problem damit. wie s aussieht tendiere ich immer mehr dazu ein anderes heim für meine ma zu suchen . . .

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    • Probiere doch erstmal einen Hausarztwechsel. Meist wird nämlich immer schnell über das Altenheim geschimpft, Mitarbeiter selbstverständlich eingeschlossen.

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      • Ich bin da schon sehr geduldig. Vor allen Dingen bin ich besonders was „den Hausarzt“ für Muttern im Heim betrifft sehr dahinter her. Als meine Mutter einzog hatte der damalige gerade seinen Praxis wie auch die Besuche im Heim aufgegeben und an einen neuen Arzt übergeben. Der Alte Arzt war dann raus und der Neue Arzt hat zwar übernommen is aber erst mal in Urlaub gegangen. Da war erst mal 6 Wochen alles in ner Warteschleife. Vom Personal – der Leitung verlange ich schlicht und einfach das es sich wie es im Vertrag unter Behandlunsgpflege steht um eine ärztliche Versorgung kümmert bzw diese Versorgung gewährleistet. Wenn ich das machen muß, sorry das habe ich ja 11 Jahre gemacht als Muttern noch zu Hause war. Bei der Gesundheit hört der Spaß auf . . .

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      • Das ist natürlich Mist wenn sich nicht um einen Ersatz gekümmert wird.

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  2. Mist, solche Ärzte kenne ich. Gern noch die Variante „Ihre Großmutter ist doch alt, da muss man nicht mehr“…bitte? Als Tochter würde ich das Ganze ehrlich gesagt melden, dass der Herr nicht seiner Verpflichtung nachkam. Meine Großmutter durfte an einer Unterzuckerung sterben.
    Der Hausarzt hat wie bei Euch per Telefon einen Schlaganfall diagnostiziert… und nichts weiter unternommen. Ist ja normal in dem Alter.Tja, und der andere Teil der Familie hat genauso reagiert wie die Tochter von Frau M.
    Wieder muss ich sagen, dass Frau M. Glück hatte bei Dir auf der Station zu sein. Weiter so. Immer diese Weißkittelgläubigkeit.

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    • Die Tochter ´liebt´ doch den Doktor. Ist doch eine Schande gegen so einen Doktor etwas zu unternehmen,tztz.
      Ich könnte auch ein eigenes Blog mit dem Titel -Hausärzte- aufmachen, nur nervt mich das nur noch, deswegen kommen hier nur ab und an Artikel über Hausärzte.
      Zumindest die größten Klopper werden als Artikel verfasst.

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  3. Och, Hausärzte stellen nicht nur am Telefon interessante Diagnosen…
    Ich hatte mich damals, als ich plötzlich schlecht Luft bekam und bei der geringsten Anstrengung (z.B. 2, 3 Schritte gehen) völlig kurzatmig wurde, extra zu meinem Hausarzt iin die Praxis geschleppt.
    Ohne mir die Lunge abzuhören oder sonstige Untersuchungen anzustellen, diagnostizierte er eine Bronichitis, stellte mir ein Rezept aus, schrieb mich krank und wünschte mir gute Besserung.

    Das Krankenhaus, in dem ich 2 Tage später per Notarzwagen landete, weil ich umgekippt war, stellte dann eine Lungenembolie fest…

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  4. Jaja .. die lieben Ärzte. Immerhin hat er sich Zeit für eine Telefondiagnose genommen, die vielleicht sogar hätte hinkommen können und hat nicht direkt alles mit Verschleiß abgetan.
    Kein Witz .. bei uns wurden letztens sogar offene Wunden als Verschleiß bezeichnet. So wirklich verstehen kann ich das immer noch nicht – vielleicht hab ich bei meinem Examen gepennt oder was anderes wesentliches verpasst? Ich weiß es nicht.
    Nur mittlerweile wird’s mit den Ärzten immer schlimmer – also haben wir nicht nur ein Pflegepersonalproblem sondern mittlerweile auch ein ganz übles Ärzteproblem in dem Bereich, was aber momentan noch fröhlich ignoriert wird. Toll.
    Aber was regen wir uns auf .. immerhin hat Herr Doktor wenigstens ein Leben gerettet. Was will man mehr? *umpf* (Ging euer Gespräch denn noch weiter, ließ sie sich irgendwie vom Gegenteil überzeugen? Oder war’s das so?)

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    • Der Doktor hätte mit einer Schrotflinte allen Bewohnern eine Ladung Schrot in den Kopf jagen können während ich mit der Tochter redete. Sie würde das auch noch gut finden, so ein Typ Mensch ist sie. Quasi Zeitverschwendung mit der Frau zu diskutieren oder ihr das zu erklären. Mama ist ja jetzt gut versorgt.

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  5. Nun ja, in der Schweiz gibt es da ja Tendenzen:

    Integrierte Versorgungsmodelle


    http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/hausarzt_1.14228994.html
    Ob sich solche Modelle durchsetzen werden wird sich zeigen. Gibt es das in Deutschland auch?

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  6. Ärzte von der Sorte sollte es mehr geben.
    Irgendwann ist einfach ein Alter erreicht, wo man die Leute, bei denen der Abgang eh kurz bevorsteht, nicht mehr mit teuren Medikamenten zupumpen sollte.
    Diese künstliche Lebensverlängerung ist lediglich kostenaufwändig und sinnfrei.

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