Frau B. ist heute um 7:50h verstorben, die Schwiegertochter war die ganze Nacht bis 6:45h da. Die Schwiegertochter kam dann um 8:15h wieder, war völlig fertig, da sie kurz weg gefahren ist und die Schwiegermutter dann verstarb.
Das ist eigentlich relativ normal, die meisten unserer Bewohner sterben alleine. Es kann stundenlang jemand von den Kindern am Bett sitzen. Geht man als Angehöriger z.B. kurz vor die Tür eine Zigarette rauchen und kommt nach wenigen Minuten wieder dann ist die Person im Bett evtl schon verstorben.
Spontan überlegt trifft das in 7 von 10 Fällen zu.
Was man auch immer wieder, auch heute, sieht ist folgendes:
Mutter ist verstorben, der Sohn und die Schwiegermutter sitzen am Bett und nehmen Abschied, danach suchen viele Angehörige das Gespräch mit dem Personal.
Dort wird dann bei kinderlosen Angehörigen selten über die verstorbene Person an sich gesprochen. Die Menschen machen sich viel mehr Gedanken darüber ob sie später alleine sterben müssen da keine eigenen Kinder da sind.
Das gleiche Gespräch führt man mit Angehörigen, wo Kinder da sind, aber weit, weit weg wohnen oder der Kontakt im Eimer ist.
Oder bei Ehepaaren, die den Partner gerade verloren haben.
Man hat das Gefühl in diesen Gesprächen das die Angst, alleine zu sterben größer ist als die Angst vor dem Tod selbst.
das man im kreise der familie, den menschen mit denen man zusammen lebte oder der menschen die einem lieb und teuer sind sterben möchte, ist imo archetypisch. das überleben des menschen war ja nur auf grund des zusammenhaltes der gruppe, des stammes möglich. alleine zu sein – zu leben – ist eine der begleiterscheinungen des individualismus dem heute immer mehr nachjagen weil sie glauben das im erreichen der individuell gesetzten ziele der sinn des lebens liegt und ihnen höchstmögliche erfüllung zu teil wird. das dies eine illusion ist die der menschen erkennt je näher sein tod/sterben kommt liegt für mich auf der hand.
der mensch kann nicht alleine leben. er ist ein soziales wesen – da beißt die maus kein faden ab.
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Oft habe ich erlebt, dass die Angehörigen sich dann große Vorwürfe machen weil sie kurz nicht da waren. Es war dann oft schwierig, den Angehörigen begreiflich zu machen dass es dem Verstorbenen ein Anliegen war, ohne die Angehörigen zu sterben.
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Da habe ich in meinem Palliativcare – Kurs einen sehr schönen Satz gelernt:
Welchen Raum verlässt man lieber? Wo geht man durch die Türe? Einen der mit lieben Menschen gefüllt ist? Oder einen leeren Raum? Überlegt selbst…..
Dieser Satz hilft auch Angehörigen, bei den Vorwürfen: „warum war ich nicht da?“
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Ich glaube, das ist ein sehr wahrer Satz. Denn auch bei uns sterben die meisten Bewohner alleine. Bei einem Bewohner, der noch relativ jung war und der uns sehr ans Herz gewachsen war, versuchten wir in seinen letzten Tagen ständig bei ihm zu sein. Ständig guckte jemand von uns nach ihm. Und doch, am letzten Tag war er mal 5 Minuten alleine und genau in dieser Zeit ging er.
Ich dachte, wir würden es ihm leichter machen, wenn wir ihn nicht alleine lassen. Vermutlich war genau das Gegenteil der Fall.
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Ist es nicht aber manchmal so, dass viele alte Menschen „mit Absicht“ sterben, wenn sich niemand der Freunde, Pfleger, Angehörigen mit im Raum befindet? So, als wäre dies eine besonders intime Angelegenheit, bei der man lieber alleine sein möchte…
Ich arbeite seit etwa einem halben Jahr in einer sogenannten Senioren-Residenz in München und bin dort für den Zimmerservice zuständig. Ich suche schon seit einem Weilchen nach einem Blog wie diesem hier, auf dem sowohl humorvoll und einfühlsam, als auch wohltuend distanziert über den Umgang mit alten und dementen Menschen berichtet wird…
Herzliche Grüße!
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Gute Frage.Kann auch möglich sein.
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„Heute ist ein guter Tag zu sterben“, sagt Old Lodge Skins in dem Film „Little Big Man“. Schließlich legt er sich zum Sterben nach Indianerart hin und wartet auf seinen Tod.
(Als es zu regnen beginnt, steht er wieder auf: „Sometimes the magic works – sometimes not“.)
Gut der Mann hatte Humor. Früher waren die Menschen um einiges mehr mit der Natur im Einklang als Heute. Sie spürten wenn der Moment des Todes nahte und konnten dies akzeptieren.
„Warum war ich nicht da?“ Eine der tragischsten Schuldgefühle auslösende Fragen die man sich stellt – stellen kann. Zu reflektieren – erkennen warum man nicht da war . . . das ist eine überaus schmerzliche wie auch befreiende Erfahrung – Arbeit zugleich. Da spielt soviel mit hinein, Erwartungen, Konditionierung, Erziehung. Das meiste ist überflüssiger Ballast den wir Jahrelang mit uns herumtragen, der uns unser Leben „schwer“ macht . . .
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