Monatsarchiv: Dezember 2010

Cocktail

Noch ein Cocktailrezept für die heutige Party?

Zutaten:
Orangenlimonade

Zahnprothesen

Den Cocktail die Nacht über neben dem Bett stehen lassen, bei Durstgefühl ab und an probieren.

Mit Wodka oder Rum auffüllen.

Prost und allen Lesern ein schönes 2011 !

Führer

Herr G. kommt aus dem Gemeinschaftsraum, läuft auf dem Flur hin und her.

„Mensch, was ist los?“

„Du, lief da gerade der Führer?“

„Führer?“

„Na der Hitler!“

„Ich hoffe nicht, wundern würde mich das hier aber nicht.“

„Ja,die eine Frau sagte das gerade das der hier ist.“

„Falls ich den sehe informiere ich dich.“

„Ne, ist gut. Das wäre aber was…. oder?“

„Ich kann es mir nicht vorstellen, warten wir ab.“

Ich habe den Führer nicht mehr gesehen….

Stuhl

Frau B. wartete neben Frau S. unten in der Halle. Sie wollten zum Essen in den Gemeinschaftsraum gehen.

Die Tür vom Gemeinshaftsraum geht auf, Frau S. ist auf dem Weg zu ihrem Platz. Da wird ihr ein wenig schwindelig. Die Mitarbeiterin der Küche greift nach dem ersten Stuhl der dort steht damit sich Frau S. hinsetzen kann. Es ist der Stuhl von Frau B.
„Jetzt auch noch mein Stuhl, immer die Frau S.“ hörte man es nur aus der Kehle von Frau B. Sie drehte um, ging auf ihr Zimmer und weinte stundenlang.

„Frau B. alles in Ordnung?“

„Nichts ist in Ordnung! Die Frau S., immer wird die bevorzugt.“

„Na,sie war wohl kurz vorm fallen.“

„Und? Da muss man meinen Stuhl nehmen? Frau S. hat das mit Absicht gemacht, die will mir eins auswischen! Buhuhuhuhuhu…“

Stundenlang ging das so. Eifersucht pur.

Meine Fresse, wir haben auch einige Perlen hier auf Station…

Junge Union

Drei Parteianhänger der offiziell jungen Christsozialen waren im Haus, sie haben kleine Lebkuchen verteilt und sogar einige Lieder gesungen.
Das die alten Menschen auch noch mit so etwas gequält werden müssen.

Die drei Politikjunkies gingen dann wieder, hatten ein Lächeln im Gesicht als wenn das die gute Tat des Jahres gewesen sei.
„Sonst wird ja wenig mit den Leuten gemacht“ grinste die Frau mich an.
„Vielleicht erholen die Bewohner sich von euch das ganze Jahr über.“ war nicht die Antwort die sie hören wollten.

Ich habe den drei Spitzenpolitikern dann den Plan an der Pinnwand gezeigt was diesen Monat alles gemacht wurde an Aktivitäten.

„Damit hätten wir nun überhaupt nicht gerechnet!“ meinten die drei Chorknaben.

„Jaha, einfach mal öfter hineinschauen das Jahr über, dann bekommt man ein reales Bild vom Altenheim. Einige von den Bewohnern gehen sogar noch wählen!“

Irgendwie mögen die mich nicht hatte ich nach der Verabschiedung das Gefühl…

Denglisch

Frau U. hat teilweise Wortfindungsstörungen. Kein Problem, sie war über 20 Jahre als Krankenschwester in Kalifornien tätig.
Sie ist im Zimmer, geht zu den Mahlzeiten nach unten:

„Frau U., gleich gibts Kaffee.“

„Das ist aber nice.“

„Sie können dann ja mit dem Fahrstuhl nach unten fahren.“

„Äh, of course.Kann ich dann den.. na.. elevator benutzen?“

„Yes, mam.“

„Great. Da muss ich dann in den elevator und dann ähm.. push the button um nach unten zu kommen?“

„That´s right.“

„Wenn ich das food gegessen habe komme ich wieder in meinen room,or?

„Yes.“

„Than I know what i have to do.“

Das ist noch eines der harmlosen Gespräche, redet sie mit den Bewohnern, die kaum eine andere Sprache als die deutsche Sprache sprechen, wird es schon schwerer mit der Verständigung.

Irgendwie erinnert sie mich immer an die alten „Otto“ Filme bzw Serien wo er so merkwürdig die Wörter vermischt hat.

Adventskalender

„Sven, wir arbeiten am 25.12. wieder zusammen.“

„Und? Was heißt das für mich?“

„Ich mache dann morgens die Tür vom Adventskalender auf.“

„Aha.Warte mal, am 29.12. arbeiten wir auch zusammen, kannste das Türchen dann auch aufmachen.“

„Schön.“

„Aber sag mal, was meinste denn wie weit der Kalender geht?“

„31.12.“

„Stimmt, dann ist vielleicht eine Rakete im Kalender.“

„Meinste?“

„Ähm.. ne, da bin ich mir ganz sicher.“

…….

Frau Lö.

Frau Lö. ist verstorben. Sie ist 1991 in das Haus eingezogen.
19 Jahre hat sie im Altenheim gewohnt, hat vor ihr bei uns auch niemand geschafft.

Kompressionsstrümpfe

Herr Q. muss täglich seine Kompressionsstrümpfe tragen.
Seine Kleidung, auch die Strümpfe liegen im Kleiderschrank.
Dieser muss immer abgeschlossen werden, da der Bewohner dement ist, sonst zieht er 20 Hosen oder 10 Pullover an oder er spült die Sachen die Toilette runter.
Der Schlüssel vom Kleiderschrank liegt im Schwesternzimmer. Herr Q. zieht sich manchmal einfach so aus, kommt dann in Unterwäsche einem entgegen. Das weiß auch unser Schüler, 3.Ausbildungsjahr.
Nun war der Sohn des Bewohners im Haus.
Er fragte den Schüler warum der Vater heute keine Kompressionsstrümpfe trägt.
Jaha, meinte der Schüler, Herr Q. hat sich ausgezogen, sich aber wieder angezogen und dabei die Strümpfe vergessen. Das war angeblich kurz vor dem Besuch des Sohnes passiert.
Eigentlich eine relativ gute Ausrede wenn man als Schüler morgens vergessen hat dem Bewohner die Strümpfe anzuziehen.
Aber in diesem Fall sollte man ehrlich sein und zugeben das man es einfach vergessen/übersehen oder sonst was hat, der Sohn kam zu mir:

„Der Lehrling hat mir gerade erzählt das mein Vater sich ausgezogen hat.“

„Oh, ich war hier am Tabletten stellen, habe da nichts von mitbekommen.“

„Der lügt mir so ins Gesicht!“

„Wie meinen Sie das?“

„Nehmen wir mal an er hat sich ausgezogen und wieder angezogen.Und das alles kurz bevor ich kam.“

„Ja.“

„Wieso liegen dann die Strümpfe im verschlossenen Kleiderschrank? Der Schlüssel ist ja hier im Schwesternzimmer.Er wird sich ja nicht den Schlüssel geholt haben, sich ausziehen, die Strümpfe dann in den Schrank legen, diesen wieder abschließen, sich anziehen und dann den Schlüssel zurück bringen, oder denken Sie das?“

Da steht man dann wie blöde, habe mich dann für den Schüler entschuldigt.
Und der Sack will mir immer noch erzählen das er dem Bewohner morgens zu 100% die Strümpfe angezogen hat, er könnte sich das auch nicht erklären.
Fehler macht jeder, er aber nicht.

Dialyse

Eine Bewohnerin muss dreimal die Woche zur Dialyse. Sie wird dort auch untersucht, ab und an wird ein anderes Medikament angeordnet. 2 Medikamente werden von der Dialyse rezeptiert, ein Calcium- und ein Eisenpräparat. Die anderen Medikmanete verschreibt der Hausarzt, auch wenn der Arzt bei der Dialyse etwas anordnet. Warum dies so ist habe ich noch nie richtig verstanden, laut Hausarzt „liegts am Budget“.
Nun kam Frau Sch. am Freitag von der Dialyse zurück mit einer neuen Medikamentenverordnung.
Der Dialysearzt hat auf einen Schlag 5 Arzneimittel abgesetzt, Blutdruckmittel,Blocker usw.
Dies wird dann dem Hausarzt mitgeteilt und der ändert in der Regel nichts an der Medikamentenverordnung. Es wurde auch noch nie so viel auf einmal abgesetzt.
Nun war es Freitag schon spät, der Hausarzt hatte geschlossen. Also Rückruf bei der Dialyse.
„Soll ich die ganzen Medikamente absetzen?“

„Steht doch auf dem Plan.“

Arztanordnung ist Arztanordnung.
Medikamente neu gestellt.

Am Samstag hatte Frau Sch. nach dem aufstehen einen Blutdruck von 200/140.

Hausarzt hat geschlossen, Dialysearzt nicht erreichbar.
Keine Bedarfsmedikation vorhanden, also den Wochenenddienst angerufen.

„Wieso sind die ganzen Medikamente abgesetzt?“ fragte der Arzt.

„Anordnung vom Dialysearzt.“

„Ich habe schon komische Kollegen, hatte die Dame denn Schwierigkeiten mit dem Blutdruck oder sonstige Wehwehchen?“

„Nicht bevor das alles abgesetzt wurde.“

Der Doktor hat dann alles wieder angesetzt, Blutdruck und Puls waren bei 130/70.

Zufällig war dann bei der Dame am Wochenende der Betreuer, dieser regelt auch die Gesundheitsfürsorge der Frau.

Der Betreuer rief dann am Monatg den Dialysearzt an, dieser meinte das es keine Komplikationen bei der Absetzung der Medikamente geben sollte.

„Und wisse Sie, Sven, was er dann gesagt hat?“

„Erzählen Sie es mir.“

„Wahrscheinlich hat das Altenheim die Medikamente falsch gestellt und deshalb war der Frau so ´komisch´“

„Ne, das hat der nicht gesagt.“

„Doch, wortwörtlich.“

Sicher, klappts mit der Medikamentenänderung nicht hat der Pfleger Schuld. Einfacher kann man sich das Leben auch nicht machen.

Elektromobil

Nicht weit entfernt vom Altenheim ist ein Supermarkt.
Nach dem Dienst war ich dort einkaufen, ich ging aus dem Laden.
Eine ältere Dame, dick eingepackt, auf einem Elektromobil (diese Golfplatzautos für Senioren) wartete vor dem Laden.
Sie redete leise, schaute mich an, ich fragte nach:
„Haben Sie etas zu mir gesagt?“

„Ich will meinen Wagen da parken!“

Sie zeigt auf eine Europalette mit Aktionsware, links neben dem Ladeneingang. Rechts neben dem Laden steht nichts, es ist sogar überdacht, aber da will oder kann sie nicht parken.

„Ich kann ja nicht die Palette da wegräumen.“

„Nur eben zu Seite.“

Warte mal, die Dame kenne ich doch, hatte sie wegen der Mütze nicht sofort erkannt. Sie ist regelmäßig im Altenheim, ich denke mal um Bewohner zu besuchen.Im Heim ziemlich nervig, aber außerhalb anscheinend auch.

„Parken Sie doch hier rechts, ist auch überdacht.“

„ICH KANN KAUM LAUFEN,WÜRDEN SIE MIR WOHL BITTE HELFEN?“

„Sie können ganz gut laufen, parken Sie den Wagen jetzt hier an der anderen Seite, ich räume hier nix weg.“

„Ich bin alt, schaffe das nicht.“

„Ich kenne Sie doch aus dem Altenheim, Sie können laufen wie ein junger Gott.“

„Ja?“

„Und ob.“

„Ja, ich erkenne Sie.“

„Sehen Sie.Wie wollten Sie denn einkaufen wenn Sie nicht laufen können? Wollten Sie jemanden fragen ob der Sie im Einkauswagen hier durch den Laden schiebt?“

„Ach.“ sagte sie, parkte den Wagen an der Seite und ging ohne Hilfe in den Supermarkt.

Einige anderen Kunden schauten und hörten zu wie ich mit der alten Dame rede.
Vom Gesichtsausdruck der Zuschauer war ich eindeutig das Arschloch, so mit der Seniorin zu reden.