Danke

„Ich wollte mich noch einmal ganz herzlich bei Ihnen bedanken!“ sagte der Sohn eines Bewohners zu mir.

„Oh, wieso?“

„Wie Sie mit meinem Vater reden und umgehen, das finde ich toll.“

„Da brauchen Sie sich nicht bedanken, ist mein Job, dafür bekomme ich auch Geld am Ende des Monats.“

„Ne, ne, ne. Zu Ihnen hat er ein, tzja, ich sag mal besseres Verhältnis als zu den Schwestern hier.“

„Ne, das glaube ich nicht.“

„Doch glauben Sie mir das, der Ton macht die Musik.Da ist mein Papa ganz sensibel.Ich bin jetzt 50 Jahre alt, ich kenne meinen Vater, glauben Sie mir.“

Das schreibe ich nun nicht weil ich der Überflieger bin oder der beste, liebste und netteste Pfleger der Welt, auf keinen Fall.
Nur so etwas öffnet einem doch vielleicht mal wieder die Augen.
Klar gibt es Kolleginnen (oder anderswo Kollegen) die einen derben, nervigen Ton an sich haben. Aber damit tut man niemanden einen Gefallen, das macht die passierte Sache nicht besser.

Bestes Beispiel:
Der besagte Bewohner hatte den Mülleimer mit der Toilette verwechselt, aus der geschlossenen Tür des Bewohners hörte ich vom anderen Ende des Flures meine Kollegin sagen das der Eimer nicht die Toilette ist.
Hallo? Der Mann leidet an Demenz, das hat er in 10 Minuten wieder vergessen. Warum soll ich ihn dann beschimpfen oder laut dabei werden? So mache ich mir und dem Bewohner das Leben nur unötig schwer. Würde er die Toilette erkennen hätte er sie auch benutzt.Natürlich ist so etwas auch kurios, aber gerade die älteren Kolleginnen müssten wissen was alles mit demenzkranken Bewohnern erlebt wird und wie der Hase läuft.Man ist ja am Ende einer Schicht fast schon nervös wenn solche oder ähnliche Situationen nicht passieren, ich persönlich rechne immer mit so etwas.Oder schlimmeren.
Kein Wunder wenn einige Kolleginnen nach Dienstende völlig fertig sind. Aber sich über so etwas oder andere Geschichten aufzuregen oder gegen anzugehen ist nicht von Erfolg gekrönt.
Vielleicht gehört da auch ein wenig Abgestumpftheit zu, sich über so Sachen nicht aufzuregen, wer weiß.
Ich fahre trotzdem so bis jetzt ziemlich gut und habe nicht vor daran etwas zu ändern.

8 Antworten zu “Danke

  1. Sehe ich ähnlich. Und ganz ehrlich, mir ist vor einem Bewohner (und einen dementen schon mal gar nicht) noch nie äusserlich die Ruhe abhanden gekommen.

    Eine Pat. fragt mich bei dem abendlichen Zubettgehen etwa alle 15sec, wie spät wir haben. Ok, bei meinen Kindern gäb es nach dem 5. mal einen bösen Blick. Aber sie jedes Mal ganz überrascht, dass schon 19 Uhr ist. Ich sehe es auch von der praktischen Seite: Wenn ich eine patzige oder genervte Antwort gebe, dauert der restliche Ablauf einfach länger.

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  2. Das gilt im übrigen für alle Bereiche des Lebens.

    Da ich selbst im Handel beschäftigt bin, kenne ich das nur zu gut. Warum sollte ich mich ständig aufregen. Am Ende sind es nur meine Nerven.
    Daher heißt das Motto, immer freundlich sein, sich den Stress nicht unbedingt anmerken lassen und wenn es doch mal zu Provokationen (auch seitens der Kunden) kommt, dann Freundlich aber Bestimmt darauf hinweisen das man sein bestes tut um eine zufriedene Atmosphäre zu schaffen.

    Mehr können wir alle im Dienstleistungsgewerbe nicht tun! So einfach ist das.

    mfg

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  3. Ich finde es nicht abgestumpft. Eher restpektvoll.

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  4. In jeder tragischen Situation liegt auch immer eine gewisse Komik. Allen Beteiligten ginge es besser, wenn man den Problemen mit Humor begegnen würde. Ich finde deinen schnoddrigen Ton großartig! Auf den ersten Blick scheint er respektlos zu sein. Ich höre darin allerdings höchsten Respekt, gepaart mit einer große Portion Humor. Ich wünschte mir, nur solche Menschen um mich zu haben. Mach nur weiter so!

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  5. Ich finde es auch sehr bemerkenswert wie du mit den Bewohnern umgehst. Ich arbeite im Krankenhaus, da hat man ja in der Regel nicht so einen engen und langen Kontakt zu den Patienten, deshalb kommen so humoristische Sprüche oft nicht an, d.h. die Menschen verstehen sie einfach nicht.
    Aber gerade der Umgang mit dementen Patienten ist genau richtig finde ich, so mache ich das auch. Wenn sich jemand einkotet, -nässt oder auf den Boden macht oder wie auch immer, ist das in der Regel ja keine Absicht und die Menschen können wenig dafür. Manche demente Leute werden ja auch sehr unruhig, nervös und unsicher sobald man die Stimme erhebt, weil sie gar nicht verstehen warum man jetzt böse ist. Ich habe da auch ein paar Kollegen die richtig garstig werden können, ich kann das nie verstehen, weil davon profitiert weder der Patient, noch die Krankenschwester.

    Übrigens, Super Blog!!! Einer der besten den ich kenne, weiter so 😀

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  6. wollte nur wissen, wieso der Sohn sich so exquisit bei einem Mann bedankt:-/*:-?

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  7. Das ist jetzt der dritte Kommentar von @ambival und ich gebe ehrlich zu: Keinen von denen hab ich verstanden. Dabei ist dieser noch einer der besten…

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