Monatsarchiv: November 2010

Largo

Foto aufgenommen im Keller, die Kiste kommt auf den Müll.

Friedhof

„Ach Sven, ich kann auch wohl abkommen.“

„Abkommen?“

„Na von der Welt.“

„Ach sterben.Ne, das lass mal sein.“

„Wieso? Hab doch alles erlebt.“

„Ja, aber bei den Temperaturen jetzt, da will doch keiner ein 2 Meter tiefes Loch graben.“

„Der Kopf kann ja rausgucken, musste dann tiefer drücken.“

„Das ich dein Gesicht immer sehe wenn ich über den Friedhof laufe? Ne danke, möchte ich nicht.“

„Dann leg mich an den Straßenrand.“

„Bin doch kein Umweltsünder.Wenn das einer vom Ordnungsamt sieht.“

„Sven, zum Glück sind wir gerade alleine, wenn das einer mitkriegt was wir hier reden.“

Natürlich redet man nicht mit jedem Bewohner so, einige brauchen das aber genau in dieser Form.

Hart aber fair

Hat jemand die letzte Sendung gesehen? Wer kann sich noch gute Pflege leisten hieß das Thema.
Königin oder Prinzessin Mariella Ahrens, auch bekannt als erstklassige C-Prominez in der Kategorie Schauspielerin, hat als Gast der Sendung ihren Verein vorgestellt. Alte Senioren in Heimen besuchen und so weiter. Warum sie da als Gast war weiß ich nicht, geschweige wie viele verschiedene Heime sie besucht hat. Oder was der Auftritt überhaupt sollte. Es gibt zig ehrenamtliche Helfer, die man nicht im TV sieht. Die Krönung war folgende Aussage von Frau Ahrens:
Sie könnte innerhalb von 5-10 Minuten nach dem betreten eines Hauses feststellen ob das Heim eine gute Versorgung der Bewohner bietet oder nicht. Dies merkt sie u.a. an Gerüchen in den jeweiligen Häusern.
Na herzlichen Glückwunsch Frau Ahrens! Ich glaube und bin fest überzeugt das unter den ihrer Meinung nach guten Heimen so manche Blender waren. Nur weil das Haus hier und da schick aussieht und „gut“ riecht heißt das noch lange nicht das die Pflege dort perfekt ist, in meiner näheren Umgebung stehen viele dieser -Fake-häuser. Aber so spart man sich das suchen nach einem guten Heim. Wenn demnächst also Oma ins Heim muss einfach vorher kurz bei Frau Ahrens melden, sie macht dann ihren 5 Minuten Check ob das Heim gute Pflege leistet und Großmütterchen ist gut versorgt.Hurra.
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Jens Spahn, 30 Jahre alt, war auch Gast. Den kann Frau Ahrens auch mal mit in die häusliche Pflege oder in ein Altenheim mitnehmen. Garantiert hat der Mann noch keinen Pflegefall live erlebt.Theoretiker.

Danke

„Ich wollte mich noch einmal ganz herzlich bei Ihnen bedanken!“ sagte der Sohn eines Bewohners zu mir.

„Oh, wieso?“

„Wie Sie mit meinem Vater reden und umgehen, das finde ich toll.“

„Da brauchen Sie sich nicht bedanken, ist mein Job, dafür bekomme ich auch Geld am Ende des Monats.“

„Ne, ne, ne. Zu Ihnen hat er ein, tzja, ich sag mal besseres Verhältnis als zu den Schwestern hier.“

„Ne, das glaube ich nicht.“

„Doch glauben Sie mir das, der Ton macht die Musik.Da ist mein Papa ganz sensibel.Ich bin jetzt 50 Jahre alt, ich kenne meinen Vater, glauben Sie mir.“

Das schreibe ich nun nicht weil ich der Überflieger bin oder der beste, liebste und netteste Pfleger der Welt, auf keinen Fall.
Nur so etwas öffnet einem doch vielleicht mal wieder die Augen.
Klar gibt es Kolleginnen (oder anderswo Kollegen) die einen derben, nervigen Ton an sich haben. Aber damit tut man niemanden einen Gefallen, das macht die passierte Sache nicht besser.

Bestes Beispiel:
Der besagte Bewohner hatte den Mülleimer mit der Toilette verwechselt, aus der geschlossenen Tür des Bewohners hörte ich vom anderen Ende des Flures meine Kollegin sagen das der Eimer nicht die Toilette ist.
Hallo? Der Mann leidet an Demenz, das hat er in 10 Minuten wieder vergessen. Warum soll ich ihn dann beschimpfen oder laut dabei werden? So mache ich mir und dem Bewohner das Leben nur unötig schwer. Würde er die Toilette erkennen hätte er sie auch benutzt.Natürlich ist so etwas auch kurios, aber gerade die älteren Kolleginnen müssten wissen was alles mit demenzkranken Bewohnern erlebt wird und wie der Hase läuft.Man ist ja am Ende einer Schicht fast schon nervös wenn solche oder ähnliche Situationen nicht passieren, ich persönlich rechne immer mit so etwas.Oder schlimmeren.
Kein Wunder wenn einige Kolleginnen nach Dienstende völlig fertig sind. Aber sich über so etwas oder andere Geschichten aufzuregen oder gegen anzugehen ist nicht von Erfolg gekrönt.
Vielleicht gehört da auch ein wenig Abgestumpftheit zu, sich über so Sachen nicht aufzuregen, wer weiß.
Ich fahre trotzdem so bis jetzt ziemlich gut und habe nicht vor daran etwas zu ändern.

Männer

Frau P. sprach mich an:

„Sven, ich mag mir ja gerne nackte Männer angucken, aber bitte nicht so einen vertrockneten Kerl!“

Hä? Was war da passiert?
Ein Bewohner der Station ging nachts ohne Hose und Unterhose in das Zimmer von Frau P., er wollte ´sehen, ob das Schiff untergeht´.

2 Stunden später, ich muss Frau P. die Tabletten bringen:

„Kann ich hier so rein oder muss ich mich vorher unten herum ausziehen?“

„Sven, das kannste machen wie Du willst, ich bin abgehärtet.“

…….

Grab

Ich war einige Tage wegen einer Kehlkopfentzündung nicht im Dienst, als ich wieder arbeiten musste sahen mich 2 Bewohnerinnen:
„Sven, biste wieder da!“

„Ja.“

„Immer noch krank?“

„Ne, alles wieder in Ordnung, bin dem Sensemann gerade so entkommen.“

„Oha, dann biste hier aber falsch.“

„Wieso das?“

„Wir stehen alle mit einem Bein im Grab.“

„Ja? Dann habt ihr aber nicht tief gegraben, ich sehe euch ja noch.“

„Das geht immer nur ein Stück am Tag, wird immer tiefer das Loch.“

Auch eine Möglichkeit mit dem Alter umzugehen.

Umfrage:

Weihnachtsgeschenke

Na, was erhalten die Bewohner für Geschenke am Fest vom Haus?
Dieses Jahr gibt es einen Schutzengel aus Messing plus Jahreskalender. Soll ja nur eine kleine Aufmerksamkeit sein, die dicken Geschenke organisieren, mit viel Glück, die Angehörigen.

Einen Schutzengel. Naja, besser als vor ein paar Jahren, da gab es für jeden Bewohner einen Regenschirm.
Egal ob bettlägerig oder nicht.

Für den Ausflug nach draußen mit dem Bett bei Regenwetter sehr praktisch.

Geburtstagsgeschenk

Geschenkidee gefällig?
Wie siehts hiermit aus? Immerhin besser als die Klassiker, die da wären:

Eckes Traubensaft,Wein,Pralinen,4711 oder Tosca.
Dieses Geschenk hat Frau M. von ihrem Sohn erhalten.

Fortbildung

Der Heimleiter kam auf die Station, ich sollte, wie besprochen, eine freiwillige, unentgeltliche Fortbildung zur Hygienefachkraft machen.
Der Kurs findet 8 Wochen lang jeweils am Donnerstag und Samstag statt, ich soll das mit dem Dienstplan bei der Stationsleitung abklären. Papiere mit den Daten wurden mir in die Hand gedrückt, Chef war wieder weg.
Also habe ich mir das mal angeschaut, Kosten ca.700 Euro, der Kurs beinhaltet unter anderem Lebensmitteleingangskontrolle, Fallbeispiele in der Großküche oder Lagerung von Waren.
Hä?
Auf dem Zettel steht die Zielgruppe: Gastronomiemitarbeiter,Mitarbeiter in der Lebensmittelbranche usw.
Anruf beim Chef:
„Hast Du dir die Zettel eigentlich mal genau angeschaut?“

„Äh,nö.“

„Das ist der falsche Kurs, dieser ist für Mitarbeiter, die mit Lebensmittel zu tun haben, steht bei der Zielgruppe.“

„Ach, so kleinkariert habe ich mir das auch nicht angeschaut, da geh mal hin, Herr X vom Gesundheitsamt leitet doch den Kurs.“

„Der lacht mich aus wenn der in dem Kurs einen Pfleger sieht.“

„Da gehste hin und fertig.“

Komisch, nochmal in dem Laden angerufen wie das nun ist.
Antwort der Dame: „Ne,da sind Sie falsch, den Kurs, den Sie meinen fängt im März an.“

Anruf beim Heimleiter, Fall geschildert.

„Du, noch bin ich nicht angemeldet, die 700 Euro kann sich das Haus auch sparen, der neue Kurs fängt im März an. Wenn die Dame mich anmeldet und ich da nicht hin soll kostet das ca.150 Euro an Gebühren. Und ich kann davon nichts umsetzen.“

„Ne, Sven, haste sehr gut gemacht, dann melde dich mal bei dem Kurs im März an.“

P.S.: Fortbildungen bezahlt das Haus, 2 Fortbildungen im Jahr sind Pflicht. Bei privaten Häusern wird teilweise das Weihnachtsgeld gekürzt wenn man die 2 Fortbildungen im Jahr nicht nachweisen kann.Das passiert aber bei uns nicht.